Ein Abend mit Texten von den Torhorst-Frauen, von Horváth bis Alexijewitsch, von Karl Marx, Christa Wolf und Hendrik Bolz. Jule Torhorst, die als Schauspielerin darstellende Kunst mit gesellschaftlich relevanten Themen verbindet, beschäftigt sich seit einiger Zeit mit ihrer persönlichen Faszination "Ost". Bei ihren Recherchen zu "BruchStück" Theaterworkshop zu Wendegeschichten, stößt sie überraschend auf ihre eigene Familie: ihre Ur-Großtante Dr. Marie Torhorst, 1947 auf Vorschlag der SED zum Minister für Volksbildung gewählt, war die erste Ministerin Deutschlands. Frau Minister. In der gesamtdeutschen Geschichtsschreibung der Nachwendezeit taucht ihr Name allerdings nirgendwo wirklich auf - und sofort stellen sich für Jule Torhorst mehrere Fragen: Wird das historische Andenken, unser aller Gedächtnis, vorwiegend aus der westlichen Perspektive gepflegt? "Elisabeth Schwarzhaupt wurde als erste Ministerin 1961 berufen." Für die Bundesrepublik mag dieser Satz stimmen - für die DDR nicht. Wie unterscheidet sich Führung in Ost und West, vor allem hinsichtlich Frauen in Führungspositionen? Gibt es verschiedene Arten der Emanzipation in verschiedenen Regierungs- und Wertesystemen? Wie kann Führung gelingen, wenn man Karriere, Privatleben und Familie unter einen Hut bringen muss? Und kann ein emanzipatorischer, empathischer Führungsstil die heutigen Aufgaben besser erledigen, den patriarchalen Führungsstil vielleicht sogar ablösen? Jule Torhorst begibt sich auf die Suche, unterstützt von einem gemischten Regie-Team: die aus Oberbayern stammende Regisseurin Angela Hundsdorfer und die polnische Dramaturgin Elzbieta Bednarska. Auf die Suche nach Biographien von Frauen aus Ost und West, auf die Suche nach Archetypen und Mythen von Frauenbildern quer durch alle Zeiten. Das Muttertier, die Sexpuppe, die Prinzessin. Lolita, Kassandra, Medea. Jule Torhorst gibt ihnen allen eine Stimme, vereint sie zu einem Chor, dessen vereinte Macht größer ist als die eigene Biographie.