Halle 20A – Spinnerei archiv massiv
Die Erkundungstour von Axel und Paula durch die Baumwollspinnerei startet in der Halle 20A. Eine steile Treppe hinunter führt zu Michael Ludwig vom Spinnerei archiv massiv. Er leitet die beiden durch den bauhistorischen Rundgang und versorgt sie und uns dabei mit spannenden Informationen.
Die Wortschöpfung archiv massiv lässt sich dabei leicht erklären:
Archiv – weil die Halle der einzige Ort der Spinnerei selbst ist, an dem man etwas über die Geschichte der einstigen Industriestätte erfährt.
Massiv – geht auf die massive und nachhaltige Bauweise mit den doppelten Ziegelmauern und doppelten gusseisernen Fenstern zurück und ist der Grund, weshalb die Spinnerei heute noch so gut erhalten ist und sich äußerlich kaum verändert hat.
Die Info sollte auch bei eurer Besichtigung die erste Anlaufstelle sein, denn dort erhaltet ihr Infomaterial und Auskunft über die Führungen durch das Gelände. Jeden Freitag und Samstag finden stündliche Führungen zu ausgewählten Zeiten von Michael und seinem Team statt. Außerdem ist die Halle selbst auch eine Galerie für Künstler:innen vor Ort mit wechselnden Ausstellungen und somit ein Schaufenster in die Ateliers.
Die Geschichte der Spinnerei
Michael führt Axel und Paula durch das Gelände der Baumwollspinnerei, so wie es zeitlich zwischen 1884 und 1909 mit den vier Hauptspinnereien entstanden ist. Die Halle 20 war die erste Spinnerei und somit auch der Startpunkt der Führung. Dort befinden sich noch zahlreiche Maschinen, Geräte und Spindeln, die Einblicke in die einstige Nutzung des Geländes geben, auch wenn heute keine Spinnereimaschine mehr unter ihnen ist.
Die Baumwollspinnerei war eine der größten Spinnereien auf dem europäischen Festland. Michael erklärt, dass zu Höchstzeiten teilweise bis zu 4000 Menschen auf 10 Hektar gearbeitet haben. Die Fotos im Inneren zeigen zum einen die schweren Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit. Zum anderen erkennt man aber auch anhand der Arbeiterwohnungen und Kleingärten auf dem Gelände, dass sehr sozial gedacht und modern gebaut wurde.
Der Wandel von der Industrie- zur Kulturstätte
Baumwolle ist heute immer noch gefragt, doch der europäische Textilmarkt wanderte aufgrund der günstigeren Produktion und billigeren Arbeitsbedingungen nach Asien. Ein weiterer Grund für den Wandel der Zeit war die veraltete Technik in der DDR. Es wurde immer schwerer und letztendlich unmöglich Abnehmer für das Garn zu finden, sodass man nicht mehr konkurrenzfähig war.
Entlang der Schienen
Zurück auf dem Hof angekommen, entdeckt Axel die Schienen. Michael erklärt, dass die Baumwolle und das Garn so transportiert wurden. Die Baumwolle kam auf den Schienen in das Gelände hinein, wurde verteilt, zu Garn gesponnen und danach unterirdisch eingesammelt, auf den Schienen wieder hinaus und von dort aus in die Webereien transportiert.
Entlang der Schienen in Richtung der zweiten Hauptspinnerei kommen die drei an den ersten Galerien und dem letzten erhaltenen Schornstein vorbei. Dieser ist das einzige zu 100% sanierte Gebäude auf dem ganzen Gelände und besitzt heute nur noch Denkmalsfunktion.
Ganz großes Kino
Auf dem Gelände könnt ihr nicht nur bildende Kunst entdecken. Seit mehr als 10 Jahren wird hier ein Open Air Kino betrieben. Durch dieses und drei Theaterspielstätten ist auch die darstellende Kunst in der Spinnerei stark vertreten. Im vom Christoph Ruckhäberle betriebenen Arthouse-Kino werden anspruchsvolle und zum Teil auch analoge Filme für Filmfreunde gespielt.
Neben den 13 Galerien, dem Kino und der Spielstätten finden sich auch zahlreiche Designer und drei Kunstdruckereien wieder, in denen ihr Lithografien und Radierungen selbst machen oder auch erwerben könnt. Bei Boesner in Halle 3 könnt ihr seit 2005 Künstlerbedarf einkaufen und in Workshops selbst aktiv werden.
Halle 18 und das unterirdische System
Die drei begeben sich weiter in den Keller der einstigen zweiten Spinnerei in Halle 18. Der Keller wurde hauptsächlich als Lager genutzt und diente der Verbindung der verschiedenen Spinnereien. Auf einer Strecke von fast einem Kilometer könnt ihr unterirdisch die Spinnereien auf den Original Schwerlastkacheln aus Metall von 1910 ablaufen.
Eine Besonderheit der Halle 18 ist die Dämmung, denn das Garn brauchte konstant 24 Grad Celsius Wärme, um gut über die Maschine zu laufen.Neo Rauch
Neo Rauch ist einer der bekanntesten lebenden Maler Deutschlands und Aushängeschild der Neuen Leipziger Schule. Der Begriff ist zwar umstritten, aber die Künstler, darunter auch Micheal Triegel, Matthias Weischer und David Schnell verbindet vor allem das Studium in Leipzig und ihr Erfolg.
Neo Rauchs Gemälde sind teilweise eine Million Euro wert. Er selbst arbeitet in der Spinnerei, wo genau verrät Michael auf der Tour jedoch nicht. Neo Rauchs Galerie EIGEN + ART könnt ihr dennoch besichtigen. Früher standen an dieser Stelle Kessel, die am Anfang den Dampf für die Maschinen produziert haben. Aller sechs bis sieben Jahre sieht man heute in seiner Galerie eine Ausstellung von ihm.
Geschichte und Kunst verbunden
Die Erkundungstour von Axel und Paula neigt sich dem Ende zu. Michael erzählt, dass sich ein Besuch in der Spinnerei nicht nur für Kunstinteressierte lohnt, sondern auch für diejenigen, die sich für Geschichte und Architektur begeistern können. Doch selbst wenn man einfach nur schlendern, schauen und stöbern möchte, ist die Spinnerei ein Ausflug wert.
Die Galerien sind kostenlos öffentlich zugänglich für Alle, mit Ausnahme der Halle 14.
Kommt selbst vorbei und erhaltet Einblicke in die Schaffungsprozesse und Ergebnisse kreativer Arbeiten in der Baumwollspinnerei Leipzig!