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Der Lutherweg Sachsen: Auf den Spuren Martin Luthers und der Reformation

Der Lutherweg Sachsen, zu sehen ist die Wegmarkierung (Schild) des Lutherwegs, daneben die Stadtkirche St. Marien in Torgau © Andreas Schmidt© Andreas Schmidt
Der Lutherweg Sachsen © Andreas Schmidt

„Allein der Glaube ist des Gewissens Friede“ – mit diesem Gedanken kämpfte Martin Luther im 16. Jahrhundert für die Verbreitung der Reformation und somit für den evangelischen Glauben. Heutzutage leben rund 44,6 Millionen Christen in Deutschland – 20 Millionen gehören der evangelisch-lutherischen Konfession an.

Allein in Sachsen bekennen sich rund 700.000 evangelische Christen zu ihrem Glauben. All dies wäre ohne das Wirken Martin Luthers undenkbar. Um sein Schaffen zu ehren und touristisch erlebbar zu machen, wurde im September 2011 der Lutherweg Sachsen eröffnet. Auf einer Länge von insgesamt 550 Kilometer zählt er zu den eindrucksvollsten Wander- und Pilgerwegen Deutschlands.

Der Lutherweg Sachsen

Mit insgesamt 27 Etappen führt der spirituelle Rundwanderweg entlang der wichtigsten Wohn- und Wirkstätten Martin Luthers und seiner Weggefährten. Folgt man dem grünen „L“ auf weißem Untergrund, entdeckt man die schönsten Landschaften in Verbindung mit historischen Gedenkstätten. An zentralen Punkten wird auf die nächsten Stationen des Lutherwegs hingewiesen. Zusätzliche Informationstafeln entlang des Weges geben zudem Einblicke in die reformatorische Geschichte sowie zu den Sehenswürdigkeiten in den jeweiligen Orten. Auf dem Weg wird ersichtlich, wie die Reformation den Bau evangelischer Kirchen beeinflusste und prägte. Gleichzeitig lädt die Strecke dazu ein, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Ähnlich dem Jakobsweg gibt es an jeder Station Möglichkeiten, sich einen Stempel als Erinnerung für die zurückgelegte Strecke abzuholen.

Leipzig als Wiege der Reformation

Im 15. und 16. Jahrhundert hatte die Stadt Leipzig eine große Bedeutung für das geistliche und wirtschaftliche Leben im damaligen Kursachsen. Die Reformation brachte einen zusätzlichen Aufschwung in der Wirtschaft, Politik und Kunst. Das wohl wichtigste Ereignis für die Reformation ist die Leipziger Disputation. Auf der früheren Pleißenburg, heute das Neue Rathaus, fand 1519 ein Streitgespräch zwischen Johanes Eck, einem katholischen Theologieprofessor, Andreas Bodenstein, auch genannt Karlstadt sowie Martin Luther statt. Anlass für dieses Gespräch war ursprünglich eine Disputation über die menschliche Willensfreiheit und die Gnade Gottes. Eck wurde durch Karlstadt zu dieser Disputation aufgefordert und wollte die Wittenberger Theologie verteidigen, nachdem Luthers Thesenanschlag an der Wittenberger Stadtkirche durch Johannes Eck kritisiert wurde. Der wichtigere Punkt war aber der durch Luther angeklagte Ablasshandel, welcher zur damaligen Zeit im Gange war. Die Menschen kauften Ablassbriefe, um sich damit von ihren Sünden freizukaufen und nicht zur Beichte zu müssen. Konkret richtete sich Luther gegen den Ablassprediger Johannes Tetzel, der sich auf die Geldeinnahme als innerliche Reue fokussierte. Mit dem eingenommenen Geld wurde der Bau des Petersdoms in Rom finanziert. Am Ende der Disputation konnte kein klarer Sieger ausgemacht werden – alle Seiten beanspruchten den Sieg für sich. Für Martin Luther war die „Leipziger Kirchenschlacht“ jedoch der endgültige Bruch mit der römisch-katholischen Kirche.

In der Leipziger Innenstadt zeugen bis heute zahlreiche Gedenkstätten von Luthers Wirken. So erinnert die Thomaskirche mit einer Gedenktafel an die Leipziger Disputation, welche damals dort vom Thomanerchor eröffnet wurde. Zudem war die Kirche 20 Jahre später der Ort der Predigt Luthers zur Einführung der Reformation.

Auch der Thüringer Hof ist mit dem Theologen eng verbunden: Luther war mehrfach Gast in der „Studentenburse“, die seinerzeit seinem Freund Heinrich Schmiedeberg gehörte und der ihm testamentarisch 100 Gulden vermachte.

Auerbachs Keller, heute eines der bekanntesten Restaurants weltweit, erfreute sich bereits im 16. Jahrhundert großer Beliebtheit. Der Inhaber, Heinrich Stromer von Auerbach, war bekennender Humanist und Freidenker. Er lernte Luther zur Disputation kennen und bewirtete ihn in seinen Räumlichkeiten – das erforderte zu damaligen Zeiten großen Mut. Auch auf seiner Reformationsreise von der Wartburg nach Wittenberg machte Luther als Junker Jörg heimlich Rast bei Stromer. All diese Ereignisse sind heute in der Lutherstube in Auerbachs Keller dargestellt und werden bei verschiedensten Führungen erläutert.

Nur unweit von Auerbachs Keller befindet sich das Alte Rathaus, erbaut von Hieronymus Lotter. Heute befindet sich in dessen Räumen das Stadtgeschichtliche Museum, das dem Thema Reformation einen Ausstellungsraum gewidmet hat. Auch der Ehering Katharina von Boras und die Kanzel aus der Johanniskirche sind dort zu sehen.

Etwas versteckter befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite des Marktes Barthels Hof. Im Jahr 1539 soll Luther vom Erker des Hauses zu den Menschen gepredigt haben – dies ist aber nicht belegt. Ebenfalls umstritten ist das Spottrelief am Fregehaus in der Katharinenstraße. Es zeigt den Kaiser, Papst und einen Mönch, der vermutlich Luther darstellen soll, sowie die Jahreszahl 1535.

In der Hainstraße weist am Hôtel de Pologne eine Gedenktafel darauf hin, dass im Vorgängerbau Melchior Lotter wirkte, der angesehenste Drucker zur Zeit der Reformation. In den Jahren 1518 bis 1520 wurden über 40 Schriften Luthers in seiner Werkstatt gedruckt.

Grafische Blätter anderer Art – Gemälde Cranachs – können im Museum der bildenden Künste Leipzig bestaunt werden. Unter den zahlreichen Ausstellungsstücken befindet sich auch das bekannte Gemälde „Bildnis Luthers als Junker Jörg“ von 1521. Auch wenn der Reformator seine Differenzen mit der Messestadt hatte, ist Leipzig eine wahrhaftige Lutherstadt. So fand in der größten Kirche der Stadt, der Nikolaikirche, 1539 der erste lutherische Gottesdienst statt. Und auch in der Universitätskirche St. Pauli am Augustusplatz predigte Luther während einiger Gottesdienste.

Die kirchliche Neuordnung in der Region Leipzig

Der Lutherweg Sachsen zeichnet sich durch seine vielseitige Wegstrecke aus: beginnend in der Stadt Leipzig, verläuft er durch die Region und das Umland. Gleichzeitig fokussiert er aber auch die Frauen, die der Reformationsbewegung ihre eigene Charakteristik verliehen.

Die erste Etappe führt nach Eilenburg. In der „gesegneten Schmalzgrube“ war Luther mehrfach zu Gast. Die Stadt öffnete sich früh gegenüber dem reformatorischen Gedankengut, so dass Luther in den beiden städtischen Kirchen, der Stadtkirche St. Nikolai und der Marienkirche, predigte. Auch im Eilenburger Stadtmuseum kann man sich auf die Spuren der Reformation begeben – dort werden u.a. wertvolle Originaldrucke aus der Reformationszeit sowie eine Lutherbibel aufbewahrt.

Durch die Muldenaue, vorbei an attraktiven Parkanlagen, gelangt man nach Löbnitz. Ein zentraler Punkt des Ortes ist die evangelische Kirche, eine Backsteinbasilika mit der größten Bilderdecke Deutschlands, welche neben Moses und Jesus auch Luther und Melanchthon abbildet. Zudem war Luther sehr gut mit dem Löbnitzer Rittergutbesitzer Ernst von Schönfeldt und seiner Tochter Ave von Schönfeldt, einer geflohenen Nonne aus dem Kloster Nimbschen, befreundet. Die weitere Wegstrecke führt nach Bad Düben – dem Tor zur Dübener Heide. Dort ereignete sich der historische Fall des Hans Kohlhase: im Ortsteil Schnaditz wohnte ein Herr von Zaschnitz, welcher blamabel durch den Pferderaub an Kaufmann Hans Kohlhase in Erinnerung blieb. Dieser kämpfte um sein Recht und fragte schließlich gar Martin Luther in einem Brief um Rat. Martin Luther sowie andere Reformatoren kamen auf ihrem Weg nach Wittenberg oftmals durch Bad Düben. So befindet sich im Norden der Stadt die bekannte Lutherlinde: heute steht an dem Ort eine Neupflanzung in Erinnerung an den ursprünglich 500-Jahre alten Baum, welcher durch ein Feuer in der Hammermühle zerstört wurde. Weiter über Dreiheide führt der Weg nach Torgau. Im Jahre 1536 besuchte Luther nachweislich die Kirche Süpitz, welche im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Zudem war die Region im 16. Jahrhundert als Weinanbaugebiet bekannt. So erhielt auch Luther regelmäßig Wein vom Kurfürsten.

In Torgau leiten zahlreiche Stelen zu den reformatorischen Stätten der Stadt – u.a. zum Sterbehaus von Katharina von Bora. Seit 2015 bekannt als „Reformationsstadt Europas“, blickt Torgau auf eine bewegte Geschichte zurück. Fürst Johann Friedrich der Großmütige verhalf den reformatorischen Ideen zum Durchbruch. Dabei gilt vor allen Schloss Hartenfels als Manifest der Reformation – die dortige Schlosskirche wurde am 5. Oktober 1544 eigens von Luther geweiht. Seit September 2017 kann man im Schloss die multimediale Ausstellung „Standfest. Bibelfest. Trinkfest. Johann Friedrich der Großmütige – Der letzte Ernestiner Kurfürst“ besichtigen. Die Reformation zieht sich wie ein Band durch die Stadt und ihre Geschichte. So erarbeiteten Luther, Melanchthon, Jonas und Bugenhagen 1530 die „Torgauer Artikel“ als Grundlage der Augsburger Konfession – das grundlegende Bekenntnis der lutherischen Reichsstände zu ihrer Konfession. Bis heute gilt dies als Basistext zahlreicher Religionsgespräche, Grundlage des Schmalkaldischen Bundes und Toleranzgrundlage des Augsburger Religionsfriedens. Ebenso findet man seit 2017 im Sterbehaus Katharina von Boras eine Ausstellung über ihr Leben. Die sogenannte Katharina-Luther-Stube ist als einziges Museum ihr allein gewidmet. Auch das restaurierte Priesterhaus von Georg Spalatin reiht sich in die Liste reformatorischer Orte ein: die Ausstellung „Klang und Glaube“ informiert über das Zusammenspiel von Reformation und Musik und stellt den „Urvater“ evangelischer Kirchenmusik, Johann Walter, in den Fokus.

Durch den Torgauer Ratsforst gelangt man entlang kleiner Seen über Staupitz nach Belgern-Schildau. Als 1521 die Reichsacht über Martin Luther verhängt wurde und dieser folglich als vogelfrei galt, war Sitzenroda, ein Ortsteil von Belgern-Schildau, die erste sichere Wegstation im Kurfürstentum, an der Luther nicht um sein Leben fürchten musste.

Der Lutherweg verläuft weiter durch die Dahlener Heide, bis er in Heyda auf den Ökumenischen Pilgerweg trifft – beide führen bis nach Wurzen. Auch wenn Luther nie selbst dort war, prägte er trotzdem die Stadtgeschichte: er verhinderte einen Krieg, indem er sich um die Beilegung der „Wurzener Fehde“ bemühte. Der Konflikt zwischen dem ernestinischen Kurfürstentum Sachsen und dem Kollegiatstift Wurzen um die Eintreibung von Geldern für die Finanzierung der Türkenkriege konnte jedoch dank der Vermittlung Luthers beruhigt werden. Ebenso prägte Luther den Dom St. Marien, in dem seit 1542 evangelische Gottesdienste abgehalten werden. Innen wie auch außen findet man Luther: im Inneren des Doms befindet sich an der Sängerempore ein Bronzerelief mit seinem Bildnis und der Liedanfang seines berühmten Liedes „Eine feste Burg ist unser Gott“. Und auch davor kann man den bekannten Lutherbrunnen mit Porträt des Reformators betrachten.

Ein weiterer bedeutender Ort der Reformation ist Grimma. Im Süden der Stadt liegt der Ortsteil Nimbschen mit dem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Marinenthron zu Nimbschen. Dort lebte Katharina von Bora 14 Jahre lang, bis sie schließlich mit weiteren Nonnen 1523 floh. Luther selbst besuchte Grimma oft und predigte in der Klosterkirche bis die Protestanten die Oberhand gewannen.

Über die Orte Colditz und Mügeln erreicht man Leisnig. Dort entstand das älteste evangelische Sozialpapier – die Leisniger Kastenordnung von 1523. Diese gilt bis heute als wichtige Bedingung für die Entstehung evangelischer Kirchgemeinden und als Modell lutherischer Soziallehre. Die Kastenordnung regelte die Verwaltung des Geldes, welches die Gemeinde einnahm und in einem Kasten aufbewahrte. Im Stadtgut in der Altstadt kann man heute im Lutherzimmer eine Ausstellung zum Thema besuchen. Unweit von Leisnig befindet sich das Kloster Buch. Es zählte früher zu den wirtschaftsstärksten Zisterzienserklostern.

Nach einer Überquerung der Mulde führt der Lutherweg weiter bis nach Döbeln. Zu Lebzeiten Luthers regierte Herzog Georg der Bärtige, ein Feind des Reformators. So konnte sich erst nach seinem Tod 1539 die Reformation im albertinischen Sachsen ausbreiten. Jedoch gab es bereits 1521 die erste evangelische Predigt in Döbeln – allerdings nicht in einer Kirche, sondern im Rathaus. In der Döbelner Kirche St. Nicolai befindet sich heute ein einzigartiges Kleinod aus der Reformationszeit: der sogenannte Mirakelmann. Die lebensgroße Christusfigur aus dem Jahr 1510 wurde ursprünglich für die Karfreitagsliturgie verwendet. Weiterhin befindet sich in der Kirche der größte erhaltene spätgotische Schnitzaltar Sachsens. Das Lutherdenkmal vor dem Gotteshaus richtet seinen Blick siegesgewiss gen Süden in Richtung Rom.

Von Döbeln führt die Wegstrecke weiter über Waldheim, Kriebstein, Rochlitz und Penig. Die Reformation wurde in Rochlitz 1537 durch die Herzogin Elisabeth von Sachsen an ihrem Witwensitz, Schloss Rochlitz, eingeführt. Zudem stammt ein bedeutender Wegbegleiter Luthers aus Rochlitz: Johannes Mathesius schrieb u.a. die Biografie des Reformators, gab Tischreden und war selbst Pfarrer.

Der westliche Teil des Lutherweges zwischen Leipzig und Zwickau verläuft entlang der Via Imperii. Über Wolkenburg, Waldenburg, Glauchau, Zwickau, Crimmitschau und Altenburg führt der Rundweg zurück in das Leipziger Umland. In Borna verfasste Martin Luther am 5. März 1522 den Aschermittwochsbrief – einen Brief an den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen, in dem er die Beweggründe seines Handelns darlegte. Luthers Ehefrau, Katharina von Bora, stammte aus dem kleinen Ort Kieritzsch nahe Borna. Das Gut Zöllsdorf war der Witwensitz Katharinas, wo sie Nahrungsmittel für ihren Haushalt in Wittenberg erwirtschaftete. Heute befindet sich dort ein Denkmal auf dem Markt sowie die Katharina-Luther-Kirche im Ortsteil Lippendorf.

Neben der Hauptstrecke hat der Lutherweg Sachsen zahlreiche Zuwegungen, zum Beispiel von Dahlen nach Schmannewitz. Zudem kann man von Hirschfeld nach Döbeln die Spuren der Reformation erkunden. Der Lutherweg Sachsen ist mit dem Lutherweg Sachsen-Anhalt über Bad Düben und dem Lutherweg Thüringen über das Wegedreieck Borna-Gnandstein-Altenburg sowie Crimmitschau-Altenburg verbunden.

Weitere Informationen unter www.lutherweg-sachsen.de

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