Fünf Fragen an Florian
Es ist Zeit für unsere fünf Klassiker:
Dein Leipzig und Architektur?
Schwer zu sagen. Ich finde es ganz interessant, diese Spannung aus geliebten Altbauten und unliebsamen „Plattenbau“, und wie man mit dem architektonischen Erbe der DDR umgeht. Viele wollen es einfach weghaben, für viele gehört es zur Stadt.
Dein Leipzig und Kultur?
Ich gehe nicht so viel aus, aber wenn, dann schaue ich mir manchmal eine Ausstellung an.
Dein Leipzig und Kaffee?
Ich mag keinen Kaffee. Bier trinke ich entweder bei mir im Schrebergarten, was es ja in Leipzig viel gibt, oder beim Späti an der Ecke. Und draußen sein.
Dein Leipzig und Fahrrad?
Ich fahre sehr viel und habe auch sehr viele (lacht). Ich pendle damit zur Arbeit hin und her. Und einmal die Woche fahre ich 40 Kilometer von Bitterfeld nach Hause. Vom Fahrradtyp her fahre ich alles, was durch den Dreck und durch den Matsch geht, was um Leipzig ziemlich gut geht. Berge haben wir ja keine, Matsch haben wir genug im Winter.
Woran arbeitest du gerade?
An einem Kalender zu DDR-Typenbauten als Modelle und Grafiken, den ich gemeinsam mit einer Freundin (Martina Jany) für das Jahr 2023 herausgeben werde. Und natürlich auch an der Vervollständigung der Standortliste zum „Typ Leipzig“ in Polen und der ehemaligen DDR. Wenn ihr noch einen Bau in eurer Nachbarschaft habt könnt ihr mich gern bei Instagram unter flo_h_rian kontaktieren. Natürlich auch wenn ihr mehr über das Thema erfahren wollt.
Die DDR-Architektur
Florian, was ist „Typ Leipzig“ überhaupt?
Es handelt sich um spezifische Typenbauten aus den DDR-Zeiten, die im Prinzip durch ihre sehr flexible Grundrissgestaltung verschiedene Nutzungen erlaubten, zum Beispiel als Verwaltungsbau, Produktionsgebäude oder Wohnheim. Meistens hat „Typ Leipzig“ fünf bis sechs Geschosse, die in der Länge variabel sind. Kopfseitig rechts und links gibt es ein Treppenhaus, meistens mit Fahrstuhl. Die Vorhangfassade aus leichtem Metall hat verschiedene Farbvariationen – so kennen wir sie in den typischen Gelb-, Rot- oder Grüntönen. Insgesamt spricht man von zirka 150 Stück in Deutschland und Polen.
Wie bist du auf die Idee gekommen, das Buch „Typ Leipzig“ zu verfassen?
Durch mein Architekturstudium in Leipzig und indem ich angefangen habe, mich mit der Architektur in Leipzig auseinanderzusetzen. Relativ schnell bin ich dann mit der Ostmoderne in Berührung gekommen, und da ist mein Interesse hängengeblieben.
War dir die DDR-Architektur fremd?
Bekannt war mir das schon – man lernt davon im Studium. Aber die Vielfalt und die Qualität, die dahintersteht – auch was die Individualbauten angeht – (wenn man zum Beispiel das Gewandhaus oder die Hauptpost in Leipzig nimmt) – das wurde im Studium nur oberflächlich gelehrt. Die meisten bringen mit DDR-Architektur Plattenbausiedlungen in Verbindung, aber es gibt da noch so viel mehr.
Wie ist es zu dem Buch gekommen?
Es war eher ein Zufall – ich bin über mehrere Ecken mit einem kleinen Verlag auf der Buchmesse in Kontakt gekommen. Sie waren von dem Thema sehr angetan und hatten Interesse, mit mir ein Buch herauszugeben. Ich habe ungefähr ein Jahr daran gearbeitet, bevor wir es veröffentlicht haben. Dann kam Corona und die nächste Buchmesse ist ausgefallen. Deswegen war Werbung für mein Buch schwierig gewesen, durch das Thema ist es schon eher ein Nischenprodukt.
Die Beispiele von „Typ Leipzig“ kann man ja bis heute noch in Polen finden. Warst du auch dort unterwegs, um dir die Bauten anzuschauen?
Ja. Die ersten Exemplare des „Typ Leipzig“ wurden nach Polen exportiert und später sogar in Lizenz vor Ort gebaut. Bei Instagram tauchen natürlich viele Bilder davon auf. Ich war beispielsweise in Szczecin, wo ich mir einige von den Bauten angeschaut habe. Gerade in Szczecin gibt es zum Beispiel ein knallrotes Gebäude, was heutzutage ein Hotel ist.
Mein Plan war, eine ganze Rundreise durch Pole zu machen, aber mit Corona ist es leider nicht möglich gewesen. Im Buch gibt es eine Liste, wo sie überall noch stehen. Das sind aber noch lange nicht alle, inzwischen weiß ich noch von mehr.
Wie hast du für dein Buch recherchiert?
Für die Standortrecherche habe ich alte DDR-Architekturführer und Zeitschriften genutzt. Zudem weiß ich, wie die Gebäude von oben aussehen. Wenn ich eine Vermutung zu einem Standort habe, nutze ich dann oft Google Maps und Street View für meine Recherche.
Zu Polen habe ich ein paar Sachen in der Literatur bzw. im Archiv gefunden, zum Beispiel zu den Gebäuden in Katowice welches die ersten Exportierten sind. Zudem haben mir andere Interessierte Standorte mitgeteilt. Einmal war ich zum Beispiel in Eberswalde und ein älterer Herr kam zu mir und meinte, es gibt zusätzlich noch zwei andere Bauten in Britz, die ich noch nicht kannte. Auch so erfahre ich immer von Neuem.
Hat dir das Thema Spaß gemacht?
Sehr. Es ist geplant, dass es mit den DDR-Typenbauten auch weitergeht. So wie es den „Typ Leipzig“ gibt, gibt es ja ganz viele Typenbauten aus DDR-Zeiten – außer den typischen Plattenbauten. Schulbauten, Schwimmbäder, Turnhallen, Industriehallen. Dann haben wir „Typ Berlin“, „Typ Plauen“ …
Gibt es viele, die sich für das Thema interessieren?
Schon, man kennt sich aber auch sehr schnell. Meistens ist das unsere Generation. Mein Buch wurde ohne jeglichen politischen Wert geschrieben. Es geht einfach nur um die Gestaltung, um die Formsprache, um die Architektur, wie so etwas entstanden ist, welche Funktion und Qualität es auch heute noch hat. Schließich gibt es „Typ Leipzig“ in sehr vielen Farben, die bis heute in ihrem Erscheinungsbild noch sehr farbenfroh und beeindruckend sind.